Schreibtypen I – Plotter & Pantser
[Fotocredit: Alex Andrews, Pexels]
Im Urlaub haben meine Frau und ich eine klare Präferenz: am liebsten schauen wir, was der Tag bringt oder wozu wir nach dem Frühstück Lust haben. Gute Freunde von uns planen lieber die Tage durch und haben zahllose so schmale Zeit-Slots, in die würde nicht einmal eines meiner Nickerchen passen! Doch ich denke, wir unterschiedlichen Paare kommen vergleichbar entspannt aus unseren sehr unterschiedlichen Urlauben zurück.
Beim Schreiben gibt es etwas Ähnliches:
Pantser (von “auf den Hosenboden setzen”) schreiben „aus der Hüfte“ und entdecken die Handlung während des Schreibprozesses, was oft zu überraschenden Wendungen führt. Ich nenne es am liebsten “auf Sicht fahren”. Plotter hingegen planen ihre Geschichten im Voraus: Sie entwerfen Szenenfolgen, Charakterbögen und Welten, bevor sie die erste Zeile schreiben. Zwischen beiden Extremen gibt es Mischformen, die Teile vorplanen und dennoch Raum für spontane Entwicklungen lassen.
Ich persönlich fahre beim Schreiben am liebsten auf Sicht. Was kommt als Nächstes? Darüber denke ich schonmal beim Kochen, unter der Dusche, bei Autofahren (ideal nachts & ohne Musik), beim Einschlafen oder beim Toilettengang nach. Meistens geht es schnell und es geht weiter im Text. Tatsächlich liebe ich diese Zeit ‘dazwischen’, in der Ideen in meinem Kopf herumschwappen genauso wie das Schreiben selbst.
Neulich habe ich zum ersten Mal eine Geschichte mit elf Kapiteln komplett durchgeplant. Ich hatte jede Szene vor Augen und wusste, was als nächstes kommt. Das darauffolgende Schreiben war ein wenig wie mit dem Navi fahren (oder Malen nach Zahlen 😊), extrem ungewohnt für mich, aber auch sehr effizient, was den Verbrauch von Lebenszeit anging. Es gab zwischendurch einfach kein tagelanges Herumrätseln, wie es weitergeht. Andererseits habe ich für das Aufstellen des Plans einen ganzen Abend benötigt, Gefühlt habe habe einen Teil der Zeit, die ich sonst dazwischen gebracht habe, einfach nur an den Anfang umgelagert.
Das hier hatte ich mir zum Beispiel für das erste Kapitel der Kurzgeschichte “Die Bekehrung zum wahren Glauben ist ein heiliger Akt” notiert:
Kapitel 1: Tag 260 – Die Beichte
Szene im automatischen Beichtstuhl, der mit der Reliquie des Heiligen Cruentus betrieben wird. Der Bischof Tankred von Treven hat seit 260 Tagen nicht gebeichtet, er erstarrt.
Er sehnte sich die Zeiten zurück, als er dem alten, fast tauben Severinus beichtete. Nicht nur, dass dieser kaum je die Hälfte verstanden hatte, er war während der Beichte auch mehrmals eingenickt. Wie frei hatte er sich damals seiner Sünden entledigen können. Doch jetzt, unter dem ›mechamagischen‹ Argusauge des Heiligen Cruentus, erstarrte er jedes Mal wie ein Insekt auf dem Objektträger eines Mikroskops. Vermaledeit!
Von dem Generalvikar (seinem Sidekick) erfährt er nach seiner Flucht aus dem Stuhl, dass alle Kirchen des Landes mit diesen neuen Beichtstühlen ausgestattet wurden. Außerdem habe das Officium Sanctae Machinae (OSM = Forschungsabteilung der Kirche) schon wieder etwas Neues entwickelt.
(Bischof liest seine Post nicht.)
Ich muss mich nicht für eines entscheiden, in Zukunft werde ich es mal so, mal so machen. Wenn du ein reiner Pantser bist, versuche einfach mal das Plotten (oder umgekehrt), beim Verlassen der Komfortzone passieren nämlich tatsächlich “so Sachen”. 😉
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