Worüber ein Fantasy-Autor so nachdenkt IV…

Aus den Gebeinen der Heiligen strahlt das Licht der Ewigkeit (Bild: ChatGPT nach Vorlage von Midjourney)

Reliquien mit Technologie verbinden, das ist gerade mein Ding,
Wenn man “Aus den Gebeinen der Heiligen strahlt das Licht der Ewigkeit“ wörtlich nimmt, kann man den technischen Zweig der Ecclesia Dei Solius (Kirche des einzigen Gottes), das Officium Sanctae Machinae (Amt der heiligen Maschine) auch gleich damit beauftragen, die passende Lampe zu entwickeln.
Ob das gut geht? 😉

Der Schreiber Marcius war erschöpft, seine Augen brannten. Seit Morgengrauen hatte er im Bischofspalast Dekrete kopiert. Doch nun konnte er kaum die einsetzende Dunkelheit abwarten. Aufgeregt wartete er darauf, dass die Dämmerung ins sprichwörtlich ›letzte Büchsenlicht‹ überging. Die neue Lampe, die das OSM im Auftrag des Conventus Theotechnicus verteilt hatte, stand noch ausgeschaltet neben ihm auf der Bank. Sie bestand aus mattschwarz brüniertem Messing, der Fuß dick und breit mit dem umlaufenden, goldenen Schriftzug. Dann verjüngte sich die Lampe jäh zu in einen dickglasigen, trüben Glaskolben. Bei dem Inneren des Kolbens schien es sich um ein wirres Drahtgeflecht zu handeln. Oben schloss die Lampe mit einem schwarzen Deckel ab, der mit einem Lochmuster durchbrochen war. Ein einfacher Drahtbügel fungierte als Tragegriff, unterhalb des Glases gab es ein geriffeltes Messing-Stellrad, das an eine Öllampe erinnerte.
Endlich war es so weit.
Mit feuchten Fingern drehte er am Regler, zuerst in die falsche Richtung. Dann glomm die Lampe auf, erst schwach, dann zunehmend strahlend. Das Betriebsgeräusch war aufregend und beruhigend zugleich. Marcius war entzückt! Es war, als bringe man das Licht der Sonne in die Schreibstube. Seine strahlenden Augen reflektierten das heilige Licht, denn jeder wusste: Das Officium Sanctae Machinae hatte hier ein Artefakt geschaffen, welches den Satz ›Aus den Gebeinen der Heiligen strahlt das Licht der Ewigkeit‹ wortwörtlich nahm. Diese Lampe enthielt einen winzigen Knochensplitter der Heiligen Lucia von Thyrm, den die Technologie erstrahlen ließ. Angestrengt versuchte er Milchglas und Helligkeit zu durchdringen, um des Splitters ansichtig zu werden, doch stattdessen nahm er ein pulsierendes Muster wahr. Für einen Augenblick schien es den Takt seines eigenen Herzens zu schlagen. Vermutlich war es nur ein Spiel seiner Augen – er zwang sich, zu lächeln.
Marcius spürte das weiche Licht auf seiner Haut prickeln, kurz schloss er die Augen, genoss den aufregenden Augenblick strahlenden Glücks. Im Geräusch der Lampe lag ein Summen, der sich wie ein … Flüstern anhörte. Er öffnete die Augen, und seine Müdigkeit war wie weggeblasen – unverständlich, doch gleichfalls wunderbar! Er spürte, wie sein Herz schneller schlug. Er griff die Lampe am Bügel und verließ eilends die Schreibstube.
— Kurzgeschichte: Aus den Gebeinen der Heiligen strahlt das Licht der Ewigkeit
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